KölnSkulptur #11: Body Manoeuvres

Gärten oder Parkanlagen wie der Skulpturenpark Köln sind sorgfältig organisierte Ausschnitte der Natur, in denen Formen, Rhythmen und Farben durch Elemente wie Bäume, Sträucher, Steine und Rasenflächen ein harmonisches und doch kontrastreiches Ganzes bilden, das stilistische Variationen schafft. Die Besucher:innen werden auf Wegen geleitet und erleben einen ausgewogenen, detailreichen Ort, der sich über Zeit und Raum entfaltet. Nuancen wechselnder Stimmungen werden je nach Jahreszeit durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten eingefangen.

Dies bildet, zusammen mit den dauerhaft im Park installierten Skulpturen und Architekturen, die sich über die Jahre zu einem Ganzen zusammengefügt haben, den Hintergrund für die 11. Ausgabe von KölnSkulptur, die sich im Spannungsfeld zwischen Monumentalem und Ephemerem positioniert. Dabei werden wichtige Entwicklungen der zeitgenössischen Kunst in den Blick genommen. Global relevante Themen wie die technologische Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz, die Auswirkungen des Klimawandels, die gegenwärtigen Herausforderungen, vor die sich demokratische Institutionen zunehmend gestellt sehen, oder das Aufkommen neuer Ökonomien begegnen uns in den Werken acht zeitgenössischer Künstler:innen, die eigens für die aktuelle Ausgabe von KölnSkulptur entstanden sind. Auf unterschiedliche Weise reflektieren und formulieren sie Ansätze zu Vorstellungen von Kunst, Natur und Zukunft in einer Zeit globaler Unsicherheiten und Krisen.

Das urbane Umfeld erweist sich dabei als naheliegender Ausgangspunkt für künstlerische Arbeitsprozesse. Es wird als Ort sozialer Interaktion wahrgenommen, an dem sich Menschen, Zeit und die besonderen Merkmale des Ortes auf fundamentale Weise mit der Erfahrung von Skulpturen im Freien verbinden. Hier, wo Umwelteinflüsse für jeden Einzelnen unmittelbar erfahrbar sind – spürbarer als etwa in geschlossenen, geschützten Räumen wie dem Museum –, wird das Einwirken verschiedener natürlicher, kultureller und gesellschaftlicher Einflüsse auf unsere Körper zum übergreifenden Thema der Ausstellung.

»Unter dem Titel KölnSkulptur #11 präsentiert der Skulpturenpark Köln sein neues, unbedingt sehenswertes Programm (…) Ein wirklich spannendes Programm, das sich sehr gut mit den Skulpturen im Bestand vernetzt«

Thomas Kliemann im General-Anzeiger Bonn · 21. Juni 2024

Die eingeladenen Künstler:innen richten ihren Blick nach außen, um uns durch ihre Objekte und Vorschläge zu Erfahrungen einzuladen, in denen sie die Kunst als eine Art lebendigen Nährboden für das Experimentieren mit Grenzen nutzen, auf dem auch die Zerbrechlichkeit und Verwundbarkeit eines jeden Organismus sichtbar wird. Ihre Arbeiten beruhen auf der Einsicht, dass die menschliche Welt, wie wir sie kennen, durch Wissenschaft und Technologie grundlegend verändert wird. Dies wiederum beeinflusst, was es bedeutet, Mensch zu sein, und wie die Bedingungen eines Körpers im Kontext des menschlichen Kapitals aussehen könnten. Ihre Werke reflektieren Transformationen innerhalb kultureller Narrative, insbesondere wie Prozesse der Geschichte und das individuelle Erinnern den Körper und das kollektive Gedächtnis prägen.

Der Körper ist also nicht allein in seiner biologischen Evidenz zu betrachten, sondern verweist als zentrales „Organ“ der Gesellschaft sowohl auf Natürlichkeit als auch auf Künstlichkeit, und trägt zugleich einen fiktionalen Charakter: als Abstraktion verschiedener gesellschaftlicher Narrative und Realitäten. Viele der Skulpturen erweitern die konventionelle Definition ihres Mediums als eine feste, dauerhafte Form und Präsenz in Raum und Zeit, indem sie über den üblichen Standard eines in sich geschlossenen Körpers hinausgehen und bisweilen ungewöhnliche Materialien einbeziehen. Sie reichen von subtilen bis zu kolossalen Formen, vom verstreuten bis zum monolithischen Gestalten, von performativen Hybridformen bis hin zum Medium des Films.

In den meisten Fällen werden die örtlichen Gegebenheiten miteinbezogen, wie beispielsweise in Insides von Marte Eknæs. Hier wird ein Einblick in ein System gewährt, das in den vorgegebenen Rahmen einer bestehenden Grube im Skulpturenpark integriert ist. Mit recycelten Baumaterialien wird eine Art offener Bauch samt seiner spezifischen Organe nachgebildet und zugleich als Kontinuum einer städtischen Infrastruktur imaginiert, die ansonsten verborgen ist. Peter Wächtler reagiert auf die bildhauerischen Darstellungen, die im näheren Umfeld vor allem an (etwas trostlosen) Plätzen vor öffentlichen Gebäuden zu finden sind, mit einer Bronze-Skulptur, die sich zwischen Figuration und entkörperlichter Abstraktion positioniert. Sie reibt sich an Körperbildern, die das politische, gesellschaftliche und soziale Leben vergangener Epochen widerspiegeln, wobei unklar bleibt, welche Richtung angesichts der bevorstehenden Veränderungen eingeschlagen wird: hin zu einer Flucht oder einer erstarrenden Lähmung.

Neben diesen Arbeiten werden in der Ausstellung neue Werke der Künstler:innen Olga Balema, Julian Göthe, Judith Hopf, Paulina Olowska, Georgia Sagri und Frances Scholz präsentiert, die den Versuch unternehmen, in der Materialität ihrer Arbeiten den Körper zu finden und diesen als Mittel zur Verhandlung der individuellen Position in Beziehung zur umgebenden Landschaft zu materialisieren. Durch geschickte Manöver, die eine (kontrollierte) Veränderung in der Bewegung oder der Richtung erfordern, eröffnen sie neue Wege für die Betrachtung des menschlichen Körpers und seiner Beziehung zur Welt.

Nikola Dietrich
Kuratorin KölnSkulptur #11

Die Kunsthistorikerin und Kuratorin Nikola Dietrich war bis vor Kurzem Direktorin des Kölnischen Kunstvereins, wo sie seit 2018 für zahlreiche Ausstellungen und Publikationen mit renommierten Künstlern verantwortlich war. Ihre Laufbahn umfasst auch die Leitung des Museums für Gegenwartskunst in Basel von 2008–2013, wo sie zusätzlich als Initiatorin den angrenzenden Ausstellungsraum Elaine mitgestaltete. Von 2004–2007 war sie Kuratorin am Portikus in Frankfurt. Sie ist Herausgeberin zahlreicher Künstlermonographien und Ausstellungskataloge. Seit 2014 engagiert sie sich zudem als Mitherausgeberin des in Berlin publizierten Starship Magazins. Ab September 2024 übernimmt Nikola Dietrich die künstlerische Leitung der Liste Art Fair Basel.

»Es ist ein sehr schöner Ort, der einen mit unterschiedlichen Ausformungen der Kunst und Skulptur des 20. und 21. Jahrhunderts konfrontiert. (…) Es geht im weitesten Sinne um die Skulptur, die Skulptur auf der einen Seite als Körper, der in diesem Fall im öffentlichen Raum steht, aber auch insgesamt um Körper, um Organismen in unserer jetzigen Zeit, in einer Zeit der multiplen Krisen, der Herausforderungen und immer wieder auch der Frage: Was sind wir, was macht die Conditio humana des Menschen aus?«

Claudia Dichter in WDR 3 Kultur am Mittag · 21. Juni 2024

Neue Positionen in dieser Ausstellung

Olga Balema

*1984 in Lwiw/Ukraine, lebt und arbeitet in New York/USA

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Marte Eknæs

*1978 in Elverum/Norwegen, lebt und arbeitet in Berlin/Deutschland und Oslo/Norwegen

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Julian Göthe

*1966 in Berlin/Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Judith Hopf

*1969 in Karlsruhe/Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Paulina Olowska

*1976 in Danzig/Polen, lebt und arbeitet in Rabka-Zdroj und Krakau/Polen

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Georgia Sagri

*1979 in Athen/Griechenland, lebt und arbeitet in Athen/Griechenland

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Frances Scholz

*1962 in Washington DC/USA, lebt und arbeitet in Köln/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 11
Peter Wächtler

*1979 in Hannover/Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin/Germany

Teilnahme an KölnSkulptur # 11

Bestandspositionen

Mary Bauermeister

*7. September 1934 in Frankfurt am Main/Deutschland; †2. März 2023 in Bergisch Gladbach/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 10, 11
Tom Burr

*1963 in New Haven/USA, lebt und arbeitet in New York und Connecticut/USA

Teilnahme an KölnSkulptur # 9, 10, 11
James Lee Byars

*10. April 1932 in Detroit/USA; †23. Mai 1997 in Kairo/Ägypten

Teilnahme an KölnSkulptur # 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Nina Canell

*1979 in Växjö/Schweden

Teilnahme an KölnSkulptur # 7, 8, 9, 10, 11
Edith Dekyndt

*14. Juni 1960 in Ypern/Belgien, lebt und arbeitet in Tournai/Belgien und Berlin/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 8, 9, 10, 11
Bogomir Ecker

*29. Mai 1950 in Maribor/Slowenien

Teilnahme an KölnSkulptur # 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Ayşe Erkmen

*1949 in Istanbul/Türkei, lebt und arbeitet in Berlin/Deutschland und Istanbul/Türkei

Teilnahme an KölnSkulptur # 10, 11
Fischli/Weiss

Peter Fischli
*8. Juni 1952 in Zürich/Schweiz
David Weiss
*21. Juni 1946 in Zürich/Schweiz, †27. April 2012 ebenda

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Sou Fujimoto

*4. August 1971 in Hokkaidō/Japan

Teilnahme an KölnSkulptur # 6, 7, 8, 9, 10, 11
Dan Graham

*31. März 1942 in Urbana, Illinois/USA; †19. Februar 2022 in New York/USA

Teilnahme an KölnSkulptur # 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Lena Henke

*1982 in Warburg/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 7, 8, 9, 10, 11
Jenny Holzer

*29. Juli 1950 in Gallipolis, Ohio/USA

Teilnahme an KölnSkulptur # 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Leiko Ikemura

*22. August 1951 in Tsu/Japan

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Anish Kapoor

*12. März 1954 in Mumbai/Indien

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Stefan Kern

*1966 in Hamburg/Germany

Teilnahme an KölnSkulptur # 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Hubert Kiecol

*26. Oktober 1950 in Bremen-Blumenthal/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 6, 7, 8, 9, 10, 11
Klara Lidén

*1979 in Stockholm/Schweden

Teilnahme an KölnSkulptur # 7, 8, 9, 10, 11
Dane Mitchell

*1974 in Tamaki Makaurau Auckland/ Aotearoa Neuseeland

Teilnahme an KölnSkulptur # 10, 11
Jorge Pardo

*1963 in Havanna/Kuba

Teilnahme an KölnSkulptur # 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Mandla Reuter

*1975 in Nqutu/Südafrika

Teilnahme an KölnSkulptur # 6, 7, 8, 9, 10, 11
Ulrich Rückriem

*30. September 1938 in Düsseldorf/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Michael Sailstorfer

*12. Januar 1979 in Velden/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Karin Sander

*1957 in Bensberg/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 7, 8, 9, 10, 11
Thomas Schütte

*16. November 1954 in Oldenburg/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 6, 7, 8, 9, 10, 11
Andreas Slominski

*1959 in Meppen/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Mauro Staccioli

*11. Februar 1937 in Volterra/Italien; †1. Januar 2018 in Mailand/Italien

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Mark di Suvero

*18. September 1933 in Shanghai/China

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Rosemarie Trockel

*13. November 1952 in Schwerte/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Simon Ungers

*8. Mai 1957 in Köln/Deutschland; †6. März 2006 in Hürth/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Bernar Venet

*20. April 1941 in Château-Arnoux/Frankreich

Teilnahme an KölnSkulptur # 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Bernard Voïta

*2. Juni 1960 in Cully/Schweiz

Teilnahme an KölnSkulptur # 6, 7, 8, 9, 10, 11
Paul Wallach

*1960 in New York/USA, lebt und arbeitet in Paris/Frankreich

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Lois Weinberger

*24. September 1947 in Stams/Österreich; †21. April 2020 in Wien/Österreich

Teilnahme an KölnSkulptur # 8, 9, 10, 11
Martin Willing

*1958 in Bocholt/Deutschland

Teilnahme an KölnSkulptur # 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
Trevor Yeung

*1988 in Guangdong/China, lebt und arbeitet in Hongkong/China

Teilnahme an KölnSkulptur # 10, 11
Heimo Zobernig

*30. April 1958 in Mauthen/Österreich

Teilnahme an KölnSkulptur # 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11

Übersichtsplan

Hier können Sie sich den Parkplan herunterladen, der Ihnen eine Übersicht über alle gezeigten Werke gibt.

KölnSkulptur #11 wird gefördert durch: